Der Prozess Profil und Konzentration war von Anfang an partizipativ angelegt. Dies zeigte sich im Prozess in den vielen verschiedenen Dialog- und Netzwerkformaten in den Regionen und vor Ort. Dem Projektteam war diese partizipative Grundstruktur Grundanliegen für eine Weiterentwicklung der kirchlichen Leitungsstrukturen. Die Ergebnisse und Erkenntnisse der Prozesse vor Ort und in den Projektteams wurden immer wieder in das Prozessdesign der ELKB eingespielt.
Das Netzwerk als Identitätsmerkmal von Kirche braucht eine Leitungskultur, die „von einer Haltung der Achtsamkeit und Ermöglichung“ (Beschluss der Landessynode 2019, S.9) geprägt ist. Damit verbunden ist die Weiterentwicklung einer „Kultur des gemeinsamen Lernens und Teilens“ (ebd S.15).
Die evangelische Kirche kann dabei auf eine lange Tradition der Beteiligung und der Ermöglichung des Engagements Einzelner und von Gruppen zurückgreifen. Im Raum der Kirche engagieren sich zahllose Ehrenamtliche und von den Mitgliedern finanzierte Hauptamtliche für die Ziele der Kirche. Im Rahmen des Kirchenentwicklungsprozesses Profil und Konzentration ist an der Grundausrichtung dieser Engagement- und Initiativkultur der Kirche konsequent weitergearbeitet worden.
Zu den für kirchliche Arbeit unverzichtbaren Leitungsideen gehören die hohe Bedeutung der Selbstorganisation von Teams, der Selbstwirksamkeit von handelnden Personen, die Transparenz möglichst aller Leitungsprozesse und -entscheidungen sowie die konsequente Beteiligung aller in den Prozessen beteiligter Personen. Dabei ist die stetige Veränderung ebenso als Konstante in den Blick zu nehmen wie die Unterstützung aller Kreativen und die Experimentierfreudigkeit in allen Leitungsformaten und -meetings. Im Prozess wurde konsequent auf Feedback- und Feedforwardformate geachtet. In wesentlichen Teilen wurde im Prozess Profil und Konzentration auf Coachingformate gesetzt. Ein weiterer zentraler Gedanke war die Idee der Ermöglichung innovativer und neuer Formate, die den kirchlichen Auftrag und die Bedürfnisse der Mitglieder eng miteinander verbinden. Zusammenarbeit steht als Hauptwort über vielen Entwicklungen der Kirche der Gegenwart und Zukunft.
Dieses Leitungsverständnis wird auch strukturell verankert: Region und Dekanatsbezirk werden zunehmend zum Planungs- und Gestaltungsraum, Entscheidungen fallen dezentral, Genehmigungsvorbehalte werden abgebaut.
Diese Neuausrichtung der kirchlichen Leitungskultur orientiert sich an biblischen Bildern und Beispielen. Sie setzt aber bei vielen bisher agierenden Leitungspersonen einen Neuansatz voraus. Von der Kultur des hierarchischen Leitungsstiles zu einer Netzwerkkultur zu kommen ist ein starker Transformationsschritt, der auch ein verändertes Leitungs-Handwerkszeug braucht. Leitende aller Ebenen benötigen zunehmend die Fähigkeit, Kommunikation und Austauschprozesse zu ermöglichen, Raum für Multiperspektivität zu öffnen, Unterschiedlichkeit bewusst zu fördern und die damit verbundenen Spannungen auszuhalten. Das bedeutet, ein Mit- und Nebeneinander divergierender Ideen und Initiativen moderieren und balancieren zu können. Das Ganze von Kirche wird nicht mehr zusammengehalten durch eine normative Form, sondern durch die Art der Kommunikation und gemeinsame Lernprozesse. Aus- und Fortbildung (z.B. die Reform des Vikariats 2026, berufsgruppenübergreifende Leitungsfortbildungen etc.) richten sich danach aus.
Konkret wird dieses veränderte Leitungsverständnis z.B. in der Veränderung der Gremien- und Sitzungskultur. Ein Schritt war die Einführung von Strategischen Zeiten in allen Sitzungen des Landeskirchenrates. Zusätzlich sollte in jeder Sitzungsstunde eine Minute Stille eingehalten werden. Leitung wird zunehmend als auch geistliches Geschehen verstanden.
So verändert sich Schritt für Schritt an vielen Orten und auf allen Ebenen die Arbeitsweise und Methodik in Gremien und Synoden. Die neuen Modelle von Zusammenarbeit in Leitungs-Teams bewirken eine neue, auf Zukunft ausgerichtete Kultur des Miteinanders.
Dr. Susanne
Schatz, Leiterin der Gemeindeakademie
Christian Kopp, Regionalbischof München und Oberbayern