Kein anderes Projekt hat unser kirchenleitendes Handeln in den letzten sechs Jahren so intensiv geprĂ€gt wie der Prozess âProfil und Konzentrationâ, liebevoll kurz âPuKâ genannt. Das gilt fĂŒr die Arbeit in unseren Ămtern als SynodalprĂ€sidentin und als Landesbischof. Es gilt aber auch fĂŒr den Landeskirchenrat, den Landessynodalausschuss und die Landessynode.
Es war im Vorfeld des ReformationsjubilĂ€ums 2017 klar, dass sich unsere evangelische lutherische Kirche in Bayern angesichts grundlegend verĂ€nderter gesellschaftlicher VerhĂ€ltnisse und einer immer gröĂeren Ausdifferenzierung der Lebensstile und Lebenskulturen und der damit verbundenen TraditionsabbrĂŒche â ganz besonders in der jĂŒngeren Generation â einem grundlegenden VerĂ€nderungsprozess unterziehen musste, der beispiellos in ihrer Geschichte sein wĂŒrde. Es war auch klar, dass wir in der Zukunft mit deutlich weniger finanziellen Ressourcen wĂŒrden auskommen mĂŒssen. Gleichzeitig stellte sich die Frage, wie Kirche in Zukunft ausstrahlungsstark bei den Menschen sein kann. Von Anfang an war der Zukunftsprozess so angelegt, dass er â abgebildet im âPuK-Dreieckâ - vom Auftrag her geplant wird.
Es war eine zukunftsweisende Entscheidung, diesen VerĂ€nderungsprozess aufzusetzen und inhaltlich-theologisch zu fundieren, anstatt irgendwann aus der Not kurzfristig Streichlisten zu erstellen, die auf keine bewusste inhaltliche Reflexion grĂŒnden wĂŒrden. Wir wollten der Neugestaltung ein inhaltlich reflektiertes Profil und eine bewusst vorgenommene Konzentration zugrunde legen.
Die Synodalperiode 2014â2020 mit dem ReformationsjubilĂ€um 2017 in ihrer Mitte machte es sich deswegen zur Aufgabe, die Stellschrauben fĂŒr die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern im 21. Jahrhundert unter dem Aspekt âProfil und Konzentrationâ unter folgenden Aspekten neu zu justieren:
und dabei Chancen zu nutzen:
Gesteuert durch die PuK-Begleitgruppe sowie PuK-Arbeitsgruppen und verknĂŒpft mit den anderen Prozessen unserer Landeskirche, wie Landesstellenplanung, Miteinander der Berufsgruppen, Immobilienkonzept und Verwaltungsreform nahmen wir uns die Zeit, inhaltliche Fragen intensiv zu diskutieren. Im Herbst 2018 wurde ein landeskirchliches Projekt gestartet und dem Planungsreferenten ein Projektteam an die Seite gestellt.
Eine Zukunftskonferenz in Tutzing im Juni 2016 fĂŒhrte alle kirchenleitenden Organe zu Beratungen zusammen, die Grundlage fĂŒr die Entwicklung eines inhaltlichen Profils werden sollten. Auf dieser Basis wurden bei der Coburger Synode 2017 die fĂŒnf Grundaufgaben beschlossen und die damit verbundenen Ăberlegungen in einem intensiven Beteiligungsprozess in Dekanaten und Einrichtungen diskutiert. So fanden ab dem Herbst 2017 in der ersten Phase des Projekts 178 Veranstaltungen statt, in denen insgesamt mehr als 7.400 Haupt- und Ehrenamtliche ĂŒber den PuK-Prozess informiert wurden, mitdiskutiert haben und sich einbringen konnten.
Bei der Lindauer Synode im FrĂŒhjahr 2019 wurde das Ergebnis festgehalten und den strategischen LeitsĂ€tzen ein Paket von 74 Zielen und 80 MaĂnahmenvorschlĂ€gen zur Seite gestellt.
Diese wurden zum Aufgabenpaket fĂŒr die Synodalperiode 2020â2026. Allerdings erscheint im RĂŒckblick die Menge dieser Ziele zu groĂ und die Aufgabe in Teilen nicht klar genug. Sollten sie verbindlich umzusetzende Konkretionen der LeitsĂ€tze sein? Oder sollten sie als Ideensammlung fĂŒr im Einzelnen operativ zu entwickelnde Reformschritte dienen? In jedem Fall hat der weitere Diskussionsprozess zu der Einsicht gefĂŒhrt, dass eine wirkliche Operationalisierung der Selbstbegrenzung bei den Zielen und MaĂnahmenvorschlĂ€gen bedarf.
Nicht zuletzt auf der Basis dieser Einsicht hat sich die zweite Zukunftskonferenz der kirchenleitenden Organe am 15. â17. Juli 2022 in Tutzing auf fĂŒnf Arbeitsschwerpunkte geeinigt, die nun umgesetzt werden:
Auf der Grundlage eines intensiv erarbeiteten SelbstverstĂ€ndnisses setzte der Landeskirchenrat in seinen Beratungen einen Schwerpunkt auf die strategischen Ăberlegungen zur Zukunft der Kirche, um im Sinne einer realistischen Ressourcennutzung Synergien fruchtbar zu machen, Doppelstrukturen abzubauen und Ballast abzuwerfen. Auf diese Weise wurde sichergestellt, dass wir das Profil der zukĂŒnftigen Gestalt der ELKB mit einem angepassten Finanzvolumen hinterlegen können. Bei seiner Klausur im Februar 2023 konnte der Landeskirchenrat auf dieser Basis ein Konzept zur Einsparung von real 189 Mio. Euro beschlieĂen (gegenĂŒber einem bis zum Jahr 2030 einfach fortgeschriebenen Haushalt), welches jetzt die Grundlage fĂŒr die weiteren GesprĂ€che sein wird.
Damit sind 2023 die Fundamente gelegt, auf denen wir einen Weg der Transformation weitergehen, der ein klares Ziel hat, der Lust auf Zukunft macht und der dazu helfen wird, dass wir als Kirche auch unter grundlegend verÀnderten gesellschaftlichen Bedingungen die Kraft und die Liebe ausstrahlen, zu der unser Herr Jesus Christus uns berufen hat.
Wesentliche weitere Schritte zeichnen sich bereits ab:
Das hat weitreichende Auswirkungen auf die KirchenvorstĂ€nde und ihre Wahlen, auf die Zahl der Mitglieder der Landessynode und auf die Organisation der Tagungen der Landessynode. So hat die Landessynode in der laufenden Synodalperiode ihre Herbsttagung bereits um jeweils einen Tag verkĂŒrzt und wird diese Herbsttagung immer am selben Standort â zunĂ€chst in Amberg in der Oberpfalz â stattfinden lassen.
Das Echo auf den PuK-Prozess auĂerhalb Bayerns ist ermutigend: PuK wurde im Kontext der Reformprozesse, die in der ganzen EKD laufen, in besonderer Weise wahrgenommen. Das hat etwa der damalige Direktor des Sozialwissenschaftlichen Instituts der EKD, Prof. Gerhard Wegner, zum Ausdruck gebracht, als er in seinem Buch âWirksame Kircheâ als Ergebnis seiner Untersuchung der verschiedenen Reformprozesse in der EKD 2019 feststellte: âAm fortgeschrittensten in der Integration der verschiedenen ReformansĂ€tze und zudem als eigenstĂ€ndiges Konzept bestens profiliert erscheint das Programm der Ev.-Luth. Kirche in Bayern: âProfil und Konzentrationââ. (vgl. Gerhard Wegner, Wirksame Kirche. Sozio-theologische Studien, Leipzig 2019, 400.)
Auch Steffen Bauer, einer der besten Kenner der Reformprozesse der EKD, hat sich immer wieder besonders anerkennend ĂŒber PuK geĂ€uĂert. âWenn die kirchenleitenden Organeâ â so schreibt er in Teil IV von "Landeskirchen unterwegs" im Januar 2023 â âbei ihrem Fahrplan bleiben, dann wird der Transformationsprozess dort eine Tiefe und einen Umfang erreichen, der meines Wissens im Raum der EKD einzigartig ist.â
âKirche sein bedeutet, der christlichen Zuversicht eine Form gebenâ
Der Ruf an unsere Kirche âBringt das Ding zum Fliegen!â hat die Tutzinger Zukunftskonferenz im Juli 2022 geprĂ€gt, eine spĂŒrbare Dynamik der Entwicklung des Zukunftsprozesses unserer Landeskirche befördert und FrĂŒchte getragen:
Es fliegt!
Dr. Annekathrin Preidel, PrÀsidentin der Landessynode
Prof. Heinrich Bedford-Strohm, Landesbischof