Finanzen und Planung genießen in unserer Kirche kein
hohes Ansehen. Bestenfalls sind sie ein notwendiges Ãœbel und schlimmstenfalls
ein Ausdruck mangelnden Gottvertrauens oder gar Ausdruck einer fehlgeleiteten
Ausrichtung am Mammon.
Aber stellen wir uns für einen Gärtner vor, der angesichts des Klimawandels
beschließt seinen Garten neu zu gestalten. Er baut eine Zisterne, um auf Zeiten
ohne Niederschlag vorbereitet zu sein und legt den Garten so an, dass dieser
mit weniger Wasser auskommen. Bei aller Betroffenheit über die Veränderung darf
der Gärtner wohl ein hohes Maß an Zustimmung für sein weitsichtiges Vorgehen und
seinen sorgsamen Umgang mit der knappen Ressource Wasser erwarten.
Die Mittelfristige Finanzplanung will nichts Anderes
als dabei zu helfen, dass auch wir mit unseren knappen Ressourcen weitsichtig
und sorgsam umgehen. Diese Knappheit ergibt sich bei uns zum einen aus den
rückläufigen Kirchensteuereinnahmen aufgrund sinkender Mitgliederzahlen
(nominal kann die Kirchensteuer durchaus weiter steigen, nur werden wir real
damit weniger als heute finanzieren können) und gleichzeitig steigender
Ausgaben für die Versorgung.
Sie ergibt sich aber auch aus der rückläufigen Zahl an Hauptamtlichen, eine
Entwicklung die wir wegen des demographischen und gesellschaftlichen Wandels
selbst bei „sprudelnden“ Einnahmen wohl kaum aufhalten könnten.
Diese Entwicklungen aufzuzeigen und daraus den Handlungsspielraum für die
nächsten Jahre zu prognostizieren ist damit die erste Aufgabe der
Mittelfristigen Finanzplanung.
Für welche Aktivitäten dieser Handlungsspielraum verwendet werden soll, kann eine Finanzplanung nicht beantworten. Die Setzung von Prioritäten und Posterioritäten ist eine inhaltliche Aufgabenstellung, nur müssen eben alle künftigen Aktivitäten sich in den prognostizierten Handlungsspielraum einfügen lassen. Deshalb bedarf es einer engen Verzahnung von Inhalten, Finanzen und Personalplanung und dafür zu sorgen, ist die zweite Aufgabe der Mittelfristigen Finanzplanung.
Dafür fassen wir unter dem Arbeitstitel
„Planungseinheiten“ die Verantwortung für konkrete Inhalte, aber ebenso für die
zu ihrer Erledigung notwendigen finanziellen Mittel und Mitarbeitenden
zusammen. Auch wenn die Planungseinheiten sich an den Teilhandlungsfeldern
unserer bisherigen Haushaltslogik orientieren, stellt dieser Ansatz doch eine
völlig neue Steuerungslogik dar.
Für die jährliche Haushaltsplanung ändert sich prozessual wenig. Nur werden die
Eckdaten für den Haushaltsplan künftig nicht mehr nach der Logik der
Vorsteuerung sondern aus der Mittelfristigen Finanzplanung abgeleitet, so dass
sich der jährliche Haushaltsplan auf diese Weise an den inhaltlichen
Schwerpunktsetzungen unter Berücksichtigung des prognostizierten
Handlungsspielraums ausrichtet.
Eine Mittelfristige Finanzplanung muss mit Annahmen
arbeiten, die dann möglicherweise so nicht eintreffen werden. Dies gilt leider
in besonderem Maße für die Entwicklung der Kirchensteuer und der Versorgung,
die beide maßgeblich unsere finanziellen Möglichkeiten bestimmen. Neben der
Anzahl der Kirchenmitglieder ist das Kirchensteueraufkommen auch
konjunkturellen Einflüssen und Änderungen bei den Regelungen zur Lohn- und
Einkommensteuer ausgesetzt. Bei Versorgungsverpflichtungen von rd. 5,3 Mrd. €
haben selbst kleine Änderungen bei den Versorgungsparametern hohe Auswirkungen auf
die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage.
Dieser Prognoseunsicherheit begegnet die Mittelfristige Finanzplanung zum einen
dadurch, dass sie sich als einen kontinuierliche Planungsprozess versteht, d.h.
neue Erkenntnisse führen regelmäßig zu einer Überprüfung des
Handlungsspielraums und der „finanzierbaren“ Aktivitäten.
Zum anderen werden künftig Mittel angespart, um daraus wichtige Maßnahmen zu finanzieren wie z.B. die energetische Sanierung unserer Gebäude. Dieser Ansparfonds soll also helfen, solche langlaufenden Maßnahmen finanziell abzusichern, indem genau für diesen Zweck vorhandene Mittel zurückgelegt werden. Dieses Modell setzt damit aber voraus, dass wir Überschüsse generieren, die dann in der Folge für diese vorab festgelegten Zwecke verwendet werden können.
In seiner Klausur im Februar 2023 hat der Landeskirchenrat sich erstmals auf diese neue Steuerungslogik eingelassen. Die Darstellung der Ergebnisse muss an anderer Stelle erfolgen und die Details, festgemacht an 56 Planungseinheiten, sind auch gar nicht das Entscheidende. Wichtig ist die Erkenntnis, dass es mit der neuen Steuerungssystematik tatsächlich gelingt, Inhalte, Finanzen und Personalplanung miteinander zu verzahnen und sie einer abteilungsübergreifenden Gesamtschau zu unterziehen. Ebenso wichtig ist die Erkenntnis, dass bei aller Ressourcenknappheit ausreichend Handlungs- und Gestaltungsspielräume vorhanden sind, wenn (aber auch nur dann) das Motto „Profil und Konzentration“ leitend für den weiteren Veränderungsprozess sein wird.
In den kommenden Jahren werden wir diese neue
Steuerungslogik schrittweise verbessern und vertiefen. Dazu gehört eine
Vielzahl von notwendigen Anpassungen in unserem Rechnungswesen.
Dazu gehört aber ganz Besonders die Formulierung von inhaltlichen und personellen
Entwicklungszielen für unsere Planungseinheiten ergänzend zu ihren mehrjährigen
Zielbudgets. Notwendig sind außerdem Überlegungen dazu, wie sich die Erreichung
dieser Ziele nachverfolgen lässt. Vor eine ebenso große wie notwendige
Herausforderung stellt uns insbesondere die Frage, wie wir die Wirksamkeit
unserer Aktivitäten nachverfolgen können. Denn hier betreten wir komplettes
„Neuland“, in das der kirchliche und der gesamte öffentliche Bereich sich
bisher nur mit ersten, kleinen Schritten hineingewagt haben. Das Impulspapier
einer Arbeitsgruppe aus Mitgliedern des Finanzausschusses und des
Grundfragenausschusses zeichnet dafür einen Weg vor.
All diese Überlegungen werden schlussendlich in ein von breiter Zustimmung getragenes Zukunftsbild unserer Kirche münden müssen, das die großen Linien klar und eindeutig vorgibt. Nur so lässt sich ein weitsichtiger und sorgsamer Umgang mit unseren knappen Ressourcen erreichen.
Oswald Heizenreder, Leitung des Referats Finanzielle Grundsatzfragen, Haushaltsplanung, Controlling, SAP